Euro Disney blickt auf eine durchaus bewegte Geschichte zurück. Von den schwierigen Anfängen bis zum gigantischen Masterplan, der am 27.02.2018 verkündet wurde, ist über die Jahre eine ganze Menge passiert.
In diesem Teil unserer Serie graben wir ein wenig in der Vergangenheit von "EuroDisney". Denn immer wieder konnte man Schlagzeilen lesen, dass Euro Disneyland chronisch verschuldet und nicht profitabel sei. Man fragt sich also, wie soll da in die Zukunft investiert werden? Die Ausbaupläne von Disneyland Paris kann man daher nur richtig einordnen, wenn man etwas über die Entstehung und die bisherige Entwicklung des Resorts weiß. Überarbeitet am 09.04.2020
- Geschätzte Lesedauer: 7 Minuten -
W ir schreiben das Jahr 1955. Am 17. Juli öffnet Disneyland in Anaheim, Kalifornien seine Pforten. Dieser allererste Disney-Park wurde durch sein neuartiges Konzept schnell zum Erfolg. Der begrenzte Platz machte große Erweiterungen aber fast unmöglich. Zudem siedelten sich fremde Hotels um das Areal an und profitierten von Disneys Freizeitpark. So machte sich Walter Elias Disney bereits in den frühen 60er Jahren Gedanken über einen zweiten Park, bei dem er diese "Fehler" vermeiden wollte.
Über Tarnfirmen kaufte er riesige Geländeflächen in Florida und die Planungen für Walt Disney World nahmen Fahrt auf. Doch leider sollte Walt Disney die Eröffnung im Jahr 1971 nicht mehr erleben. In den Jahren danach verfolgten seine Nachfolger bei Disney weiterhin eine Expansions-Strategie. Dabei gab es natürlich auch bald Überlegungen für einen Disney-Park in Europa. Doch zunächst entschied man sich für Asien und eröffnete Tokyo Disneyland in Japan im Jahr 1983.
Planung und Bau von Euro Disney
Von dem Erfolg des ersten Resorts im Ausland beflügelt, nahmen die Planungen für ein viertes Disneyland wieder Fahrt auf. Die damaligen neuen Disney-Bosse, Michael D. Eisner und Frank G. Wells setzten sich für die Expansion nach Europa ein. Am Ende einer langen Suche nach einem passenden Standort blieben zwei Kandidaten übrig: Barcelona und Paris. Trotz des besseren Klimas in Spanien entschied man sich am Ende für Paris. Vor allem von der Nähe zur Metropole erhoffte man sich einen schnellen Erfolg. Dennoch brachte der Standort in Frankreich später viele Probleme mit sich.
Fast fünf Jahre dauerte der Bau von Euro Disneyland. Am 12. April 1992 wurde das Resort schließlich feierlich eröffnet. Euro Disney bestand damals aus dem Disneyland Park, den sechs Disney Hotels, der Davy Crocket Ranch, dem Festival Disney (heute Disney Village), einem Golfplatz und dem Bahnhof. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf knapp 4 Mrd. Euro. Die Verträge mit der Regierung sahen schon damals weitere große Investitionen vor: Ein zweiter Park sollte bis 1997 entstehen, ein dritter bis 2017, umfangreiche Bauprojekte in der Umgebung waren geplant. Die Euphorie war groß, doch der schnelle Erfolg blieb aus. EuroDisney schrieb rote Zahlen.Baustelle Schloss und Fantasyland (c) Disney/Archivmaterial
Baustelle Big Thunder Mountan (c) Disney/Archivmaterial
Die schwierige Anfangszeit von EuroDisney
Euro Disney hatte von Anfang an mit Gegenwind zu kämpfen. Französische Politiker und die Presse wetterten gegen das Projekt. Durch den Bau von "Entenhausen" befürchtete man den "Zerfall der französischen Kultur" und dies müsse "bekämpft" werden. Gerade die kulturellen Unterschiede waren ein großes Hindernis. In den US-Parks verzichtete Disney auf Alkohol - die Franzosen wollten aber zum Essen Wein, Deutsche und Engländer Bier.
Als weitere Besonderheit mag sicherlich auch die Sprache gelten. Und auch wenn es richtig war, französische Namen für Attraktionen oder Restaurants zu wählen, so klingt das auch heute noch seltsam. Niemand sagt "Chateau de la Belle au Bois Dormant". Sleeping Beauty Castle klingt einfach besser - zumindest aus der Sicht eines Nicht-Franzosen. Darüber mag man schmunzeln - aber sicherlich waren das nicht die Hauptgründe für die schwierige Anfangszeit von Euro Disney.
Original Eintrittskarte Erwachsene, 1992
Original Eintrittskarte Kinder, 1992
Euro Disney hat zu wenige Attraktionen...
Neben diesen Soft-Facts gab es natürlich auch ganz andere Hürden, wie z.B. das europäische Arbeitsrecht, was gegenüber den USA doch deutlich höhere Kosten verursacht hatte. Ein weiterer Grund waren auch die hohen Preise im Vergleich zu den angebotenen Attraktionen. Der Disneyland Park hatte damals mit Big Thunder Mountain lediglich eine einzige Achterbahn zu bieten. Zudem gab es mit Pirates of the Caribbean, Phantom Manor, Star Tours und It's a small World vielleicht noch vier weitere, herausragende Attraktionen. Die übrigen Rides waren zwar überdurchschnittlich gemacht, dennoch musste man schnell nachbessern.
So entstand 1993 die Achterbahn "Indiana Jones et le temple du peril" - die erste Disney Achterbahn überhaupt mit einem Looping! Das Fantasyland wurde ebenfalls um drei Attraktionen erweitert, Nautilus, die Aladdin-Passage und die Galerie im Schloss eröffneten. 1995 kam mit Space Mountain der ersehnte vorläufige Durchbruch. Dabei war Space Mountain bereits Jahre zuvor schon als neuer Publikumsmagnet geplant gewesen in der Annahme, der Park würde auf Anhieb ein Erfolg. Space Mountain sollte dann die ersten Gäste aus der Anfangszeit zum Wiederkommen animieren. Damit war der Ausbau des Disneyland Parks zunächst abgeschlossen. Man schrieb schwarze Zahlen - aber das hielt leider nicht lange an.
Euro Disney Karte aus dem offiziellen Katalog 1992
Euro Disney versinkt in Schulden
Der maßgebliche Grund für diese Lage war der immens hohe Schuldenberg des Resorts. Die unglaubliche Liebe zum Detail bei der Planung und dem Bau von EuroDisney ging natürlich ins Geld. So wurde z.B die Planung für die Hotelanlage mehrfach umgeworfen. Auch die Main Street USA wurde in einem späten Stadium nochmal neu designt. Dies alles führte zum Bau des wohl schönsten Disneyparks überhaupt, doch dabei verlor man das Budget aus den Augen. Die Baukosten überschlugen sich immer weiter. Alles geschah in der Annahme, das Resort würde auf Anhieb ein Erfolg werden, wie einer der Ex-Chefs von Disneyland Paris, Philippe Bourguignon, Jahre später einräumte. Und als dieser Erfolg dann ausblieb, hatte man keinen Plan B.
In den Jahren darauf entstand das Val d' Europe, ein Wohn- und Geschäftsviertel in der Umgebung, in dem z.B. auch das Sea Life Aquarium untergebracht ist. Zeitgleich wurden auch die Partner Hotels in unmittelbarer Nähe des Resorts gebaut. Diese Entwicklungsprojekte waren Teil der ursprünglichen Verträge und somit war man seitens Disneyland Paris daran gebunden. Gleiches galt für den zweiten Park, der eigentlich spätestens 1997 eröffnen sollte. Doch der Bau der Walt Disney Studios musste mehrmals verschoben werden.
Probleme mit den Walt Disney Studios
2002 eröffnete dann dieses "Second Gate" und man verband große Hoffnungen auf den ersehnten Durchbruch. Doch kurz nach den Anschlägen vom 11. September herrschte auch in Europa Terrorangst und so kam die Eröffnung zu einer sehr ungünstigen Zeit. Und leider hatte man auch aus den bisherigen Fehlern nicht gelernt. Wieder zu hohe Preise bei zu wenig Leistung. Noch dazu waren die Studios viel kleiner, ja eigentlich kein vollwertiger Park, in dem man einen ganzen Tag verbringen konnte. Man merkte dem zweiten Park einfach an, dass man viele Kompromisse eingehen musste. Das Theming war bei weitem nicht so detailliert und zudem an vielen Stellen einfach nicht so, wie man es von Disney gewohnt war.
Sicher, der Park hatte eine andere Ausrichtung, da war das auch teilweise so gewollt. Aber wieder fehlten richtige Blockbuster-Attraktionen. Dennoch war der Eintritt fast genauso hoch wie beim Hauptpark. So gingen in einem ohnehin schwierigen Umfeld die Besucherzahlen weiter zurück. Man musste also weiter investieren und so entstanden die Toon Studios mit Crush's Coaster, der Tower of Terror und das Toystory Playland. Die letzte große Erweiterung war schließlich der französische Themenbereich Place de Rèmy mit der Attraktion Ratatouille im Jahr 2014. Durch diese neuen Besuchermagnete konnten die Walt Disney Studios endlich auch als einigermaßen vollwertiger Park durchgehen. Die Probleme aber blieben.Euro Disney muss renoviert werden
In den Folgejahren gab es keinen Neubau von Attraktionen mehr. Man beschränkte sich auf neue Shows und Paraden, wie z.B. die abendliche Show "Disney Dreams". Trotzdem erreicht das Disneyland Paris in dieser Zeit gigantische Besucherzahlen, knapp 16 Millionen waren es im Jahr 2012! Also mehr als Louvre und Eiffelturm zusammen. Während aber andere Parks ihr Angebot jedes Jahr ausweiteten, hatte man in Paris ganz andere Probleme zu lösen. Aufgrund der finanziellen Lage musste auch bei der Instandhaltung gespart werden. Und das machte sich nun zunehmend überall bemerkbar, so dass man gezwungen war, ein großes Renovierungsprogramm ins Leben zu rufen. Dieses "Experience Enhancement Programme" hatte zum Ziel, den ursprünglichen Glanz wieder herzustellen. Es führte unter anderem auch zu langen Schließungen von Attraktionen, doch pünktlich zum 25. Geburtstag erstrahlte Disneyland Paris in neuem Glanz."We will incorporate our most popular IPs at Disneyland Paris"
Robert A. Iger, CEO The Walt Disney Company, 07.02.2018
Disney CEO Robert Iger (rechts) bei Emmanuel Macron in Paris
The Walt Disney Company übernimmt Disneyland Paris
Allerdings konnte auch der Titel "beliebtestes Reiseziel Europas" und die Besucherzahlen die Schieflage nicht beheben. Sogar die Unterstützung des saudischen Prinzen Al-Waleed, der als Großaktionär immer wieder in die Bresche sprang, half darüber nicht hinweg. Geradezu undenkbar wäre es gewesen, wenn Disneyland Paris hätte schließen müssen - ein Marketing-Fiasko, was sich Disney niemals erlauben könnte. So waren also immer wieder Finanzspritzen und Hilfen von Disney nötig. Mal wandelte man Schulden in Anteile um, mal verzichtete man auf Lizenzzahlungen. Diese Entwicklungen führten letztlich auch zur vollständigen Übernahme von Disneyland Paris durch die The Walt Disney Company. Dadurch hat Disney nun den direkten "Durchgriff" und kann die Geschicke von Euro Disney selbst leiten. Bob Iger, der damalige Disney- Chef, hat angekündigt, dass man die "beliebtesten Geschichten und Figuren" ins Disneyland Paris bringen will. Seit dem 27. Februar 2018 ist nun klar, was er damit gemeint hat.Wird nun alles gut?
Mit der Fertigstellung der Villages Nature (Center Parcs) 2018 ist die Hotelkapazität deutlich gestiegen. Insgesamt scheint man die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und ist gerade dabei, die Weichen für die Zukunft des Resorts zu stellen. Der angekündigte Ausbau der Walt Disney Studios dürfte also nur der Beginn sein und wir sind gespannt, was uns noch alles erwartet.
In den weiteren Teilen dieser Serie werden wir versuchen, dem Ganzen auf den Grund zu gehen und zwischen Gerüchten und Tatsachen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Teil 1 der Serie findet ihr hier. Im nächsten Teil geht es dann um den Ausbau der Walt Disney Studios.
Teil 3 - Ausbau der Walt Disney Studios“ Hat euch diese Zeitreise gefallen? Habt ihr Anekdoten oder Bilder aus dieser Zeit? Dann ab damit in den Kommentar - oder diskutiert mit uns auf Facebook!